Pferde meines Lebens: Gitana 2

Ich erzähle euch heute mal wieder ein bisschen was von Gitana. Sie ist nach wie vor mein Pflegepferd und ich arbeite zwar nicht täglich, aber doch sehr regelmäßig mit ihr. 

Im Laufe des Sommers habe ich zweimal an einem Bodenarbeitskurs bei uns auf dem Oberwiesenhof mit ihr teilgenommen. Leider ist so ein Kurs, oder besser gesagt das ganze drum herum, nichts für sie. Da kommen fremde Pferde, die sie nicht kennt und es sind zu viele Menschen, die als Zuschauer am Platz sitzen. Gitana benahm sich völlig daneben und ich beschloss, ihr und auch mir diesen Stress zu ersparen. Vielleicht klappt es nächstes Jahr besser, wenn sie in ihrem Vertrauen zu mir gefestigter ist und auch in ihrer Arbeit.  

Trotzdem haben wir einiges gelernt und üben ein bisschen Freiheitsdressur. Gitana folgt mir zumindest in der Halle und im Hof überall hin und bleibt stehen, wenn ich es tue.  

Vor kurzem hatte ich sogar einen „Fury-Moment“ mit ihr. Ich kam gerade auf den Hof, als die Mitarbeiter des Stalls dabei waren, die Stuten von der Koppel zu holen. Meine Hyundai, die nach wie vor die Leitstute der Herde ist, blieb einfach im Tor stehen. Elke, die Stallmitarbeiterin, versuchte sie mit Karotten zu locken und ich rief laut nach ihr, dass sie sich doch mal bewegen sollte. Im Augenwinkel sah ich auf einmal wie Gitana den Kopf hochriss und an allen anderen Pferden vorbei über die Koppel trabte. Hyundai und Doreen blieben standhaft Karotten kauend im Tor stehen. Plötzlich stand Gitana hinter ihnen. Sie dibbelte nervös auf der Stelle und ich rief ihr zu, sie solle nicht verrückt sein und an den beiden alten Damen vorbei gehen. Doch sie holte tief Luft ( zumindest sah das so aus) und lief vorsichtig an den beiden vorbei. Mit zwei Metern Abstand blieb sie kurz stehen, sah sich um und schnaubte. Es wirkte auf mich, als könne sie selbst nicht fassen, dass sie sich das gerade getraut hatte. Ich musste lachen und rief, sie solle herkommen. Und das hat sie tatsächlich auch gemacht. Hyundai hielt das wohl ebenfalls für die Einladung endlich los zu laufen und kam auch zu mir. Natürlich lobte ich beide ausgiebig. Dann liefen sie nebeneinander neben mir her zu ihren Boxen.

 

 

Hyundai und Gitana mögen sich übrigens sehr gerne, was ich sehr gut finde. Eigentlich zickt Hyundai andere Pferde gerne mal an, aber Gitana bekommt von ihr nur freundliche Blicke und auch mal ein freundliches Küsschen, wenn sie vor ihrer Box angebunden ist. Am Wochenende bat ich Elke mal ein Bild von mir und den beiden Mädels zu machen. Da ich zwei Karotten in der Gesäßtasche meiner Jeans stecken hatte, war allerdings nicht an ruhig Stehenbleiben zu denken. Heraus kamen dann einige lustige Fotos, auf denen ich versuche zwei Pferde gleichzeitig mit einer Karotte in der Hand zu füttern. Auch hier gab es kein gezicke. 

Mit Gitana kann ich mittlerweile richtig spazieren gehen. Nur den Rundweg traue ich mich wegen der Schussapparate, die im Herbst in den Weinbergen stehen, noch nicht. Wir drehen dann einfach irgendwann um und gehen zurück. Ich kann auch nie den Punkt verfehlen, an dem wir beim letzten Mal umgekehrt sind, denn Gitana fängt immer nervös an zu schnauben, sobald wir über den Punkt hinweg sind. So steigern wir uns nun bei jedem Spaziergang um einige Meter.  

Anfangs dachte ich, ich würde das auf Dauer nicht schaffen, dieses Pferd weiter zu bringen. Doch dann fiel mir ein, dass ich all die Aufgaben, vor die Gitana mich stellt, bereits mit meinen früheren Pferden gemeistert habe. Darum bin ich mittlerweile sehr zuversichtlich, dass es weiter bergauf geht. Ich werte auch die kleinen Fortschritt als große Erfolge, da man ja bedenken muss, dass dieses Pferd bereits 17 Jahre alt ist und bis Mai diesen Jahres nie etwas gearbeitet hat.  

Jetzt kommt mir bei ihr sogar das Training in der Hundeschule zugute. Denn ich habe festgestellt, dass ich sie genauso „einnorden“ kann, wie meine Hunde. Ein paar Winkel links, ein paar nach rechts und Wendungen nach beiden Seiten und schon gehört ihre volle Aufmerksamkeit mir und nicht der Umwelt. Klappt sogar auf dem Reitplatz, den sie so gar nicht mag. Aber ohne fremde Pferde und ohne Zuschauer in der Nähe geht es.  

Neulich war ich in der Halle mal besonders mutig. Ich baute uns einen kleinen Bodenarbeitsparcours auf. Unsere Aufstiegskiste, die immer in der Halle steht, war auch dabei. Zuerst stellte ich mich darauf und Gitana sollte dabei anhalten. Weil sie das so toll machte, tätschelte ich zunächst vorsichtig ihren Rücken von oben und dann legte ich mich mit dem Oberkörper einfach darüber. Kein Problem für Gitana! Sie zuckte nicht mal mit den Ohren oder wurde nervös. Danach konnte ich sogar die Stangen und Kisten wegräumen und sie blieb einfach stehen und sah mir dabei zu. Als ich im Mai mit ihr Anfing zu arbeiten, hätte ich mir das so nie träumen lassen.  

Ich weiß auch nicht genau, wo unser Weg uns einmal hinführt, aber dieser Weg macht uns beiden Spaß. Und es geht ja schließlich darum, dass Pferd und Reiter Spaß bei der Arbeit haben. Davon, dass es einfach wird, war nie die Rede. Einfach ist es auch nicht einen Schimmel zu putzen und ich frage mich immer wieder, wie man sich freiwillig einen rein weißen Schimmel als Pflegepferd aussuchen kann… Bei meinen Braunen, Rappen und Füchsen früher, war mein Standardspruch: „Putzen ist völlig überbewertet.“ Und da konnte ich, wenn die Sattellage wenigstens sauber war,  

Gitana liebt es übrigens Selfies zu machen. Das eine Mal, wie in meinem ersten Bericht über sie, blieb keine Ausnahme. Wenn ich das Handy in der Hand habe, stupst sie mich vorsichtig mit den Nüstern so lange an, bis ich das Handy mit Selfie-Funktion vor ihre Nase halte. Den Daumen halte ich dann in Höhe des Auslösers und sie drückt dann auf meinem Daumen. Kein Scherz! Das macht sie oft!